Ökumenisches Gespräch
Frieden, Gerechtigkeit und Nächstenliebe - damit verbinden viele Menschen Kirche, Caritas und Diakonie. Doch wie stark ist die institutionelle Kirche in das Engagement noch eingebunden? Welchen Regeln müssen sich die Wohlfahrtsverbände beugen, um auf dem Markt bestehen zu können? Wo sind Unterschiede und Gemeinsamkeiten?
Um diese und ähnliche Fragen ging es bei der etwa zweistündigen Veranstaltung. Als Gesprächspartner waren Caritasdirektor Martin Böckmann und der stellvertretende Geschäftsführer des Diakonischen Werks Dr. Jürgen Stein zu Gast.
Martin Böckmann schilderte zunächst die Dimension der Verbände. Deutschlandweit engagieren sich für Kirche, Caritas und Diakonie mehr als eine Million Menschen hauptamtlich und eine weitere Million ehrenamtlich. "Es ist nicht spürbar, dass das Engagement nachlässt", sagt Böckmann. In der Flüchtlingshilfe oder für die Klederschnoor, unser Kleiderlädchen, spüren wir ein hohes Engagement. Es geht um konkrete Dienste direkt am Menschen mit flexible Einsatzzeiten." Dr. Jürgen Stein kann das bestätigen: "Der Mensch legt sich nicht mehr langfristig fest und hilft jede Woche Donnerstag, er bestimmt über seine Zeit. Aber insgesamt können wir nicht feststellen, dass das Interesse abebbt."
Die Rückbindung an die Kirche im Ehrenamt hat sich verändert. Kirchlich organisierte Besuchsdienste leiden unter Nachwuchsmangel. Dennoch spielen Werte weiterhin eine große Rolle - bei haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden. "Dies zeigt sich sogar schon, wenn man auch in hitzigen Situationen ein ernst gemeintes, freundliches Wort, wie 'guten Morgen' herausbringt", so Stein. Und Böckmann gibt ihm Recht: "Die Unternehmenskultur, die Haltung zu Kunden, Klienten und Kollegen, der Stellenwert entsprechender Fortbildungen und das funktionierende Netzwerk mit Kirche sind ein Mehrwert, der uns ausmacht."
Dies gilt für Caritas und Diakonie. Eine Zusammenarbeit findet in vielen Bereichen bereits statt: Von der sozialpolitischen Lobbyarbeit in der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege in Bremen, im Fundraising unter dem Dach der Wilhelm Kaisen Bürgerhilfe, beim Betrieb der Bahnhofsmission, des Menübringdienstes Bremer Essen auf Rädern und aktuell in der Flüchtlingshilfe. Auf Nachfrage ist auch in weiteren Bereichen, z. B. in der Altenhilfe, eine Kooperation möglich. Eine direkte Fusion halten Böckmann und Stein aufgrund der starken Eigenständigkeit der Marken und der institutionellen Unterschiede derzeit weder für nötig noch für umsetzbar.
Natürlich sind Caritas und Diakonie auch Konkurrenten. "Dies gilt zum einen immer dann, wenn wir um direkt bezahlende Kunden und Klienten werben", so Böckmann. "Zum Beispiel in der Altenhilfe oder in der Schuldnerberatung. Ein weiterer Wettbewerb entfacht sich im Werben um die besten Mitarbeitenden, die christliche Werte in der gemeinsamen Arbeit mit tragen." Eine Kluft zwischen katholischer und evangelischer Kirche - insbesondere aufgrund der Diaspora-Situation - sehen die beiden Gesprächspartner nicht. Dies habe sich in den vergangenen Jahrzehnten deutlich verändert. In Bremen halte man inzwischen eher zusammen, da die Kirchen in Bremen insgesamt einen anderen Stellenwert bekommen haben.