Propst Dr. Martin Schomaker, Vorstand Martina kleine Bornhorst, Bischof Dr. Franz-Josef Bode, Prälat Dr. Peter Neher und Caritasdirektor Martin Böckmann.Jörg Sarbach
Im Rahmen des Willehad-Empfangs des Katholischen Büros Bremen ist das 100-jährige Bestehen der Caritas Bremen gefeiert worden. Auf dem Podium kamen Prominente und Vertreter der Basis ins Gespräch: Bischof Dr. Franz-Josef Bode, der Präsident des Deutschen Caritasverbands Prälat Dr. Peter Neher, Bürgermeister Dr. Carsten Sieling und Caritasdirektor Martin Böckmann sowie Ulrike Deitmer von der Caritas-Erziehungshilfe, die Pflegefachkraft Michael Schulze, der Ehrenamtliche Konrad Giesa (Projekt Wärme auf Räder) und Khaled Raschi, der aus Syrien stammt und in einer Flüchtlingseinrichtung der Caritas arbeitet. Der Festakt in der Oberen Rathaushalle mit 350 Gästen war feierlicher Abschluss einer Jubiläumswoche mit zehn Veranstaltungen.
Für Bischof Bode stellt die Caritas Bremen einen wichtigen Kontakt zwischen Kirche und Gesellschaft her. Im vergangenen Jahr besuchte er viele Caritas-Einrichtungen. "Dabei habe ich festgestellt, dass durch die über 700 Mitarbeitenden unsere zehn Prozent Katholiken in Bremen doch gefühlt erheblich wirksamer sind - eben dadurch, dass sich Herz und Hand noch erweitern in die Stadt hinein. Und dafür bin ich sehr dankbar, dass Kirche sich in dieser Weise durch die Caritas in Bremen präsentiert und den Menschen nahe ist."
Der Präsident des Deutschen Caritasverbands Prälat Dr. Peter Neher sagt: "Bremen ist das Land mit der höchsten Armutsquote in Deutschland. Hier lebt fast jedes dritte Kind von Sozialhilfe. Umso wichtiger ist es für die Menschen vor Ort, dass die Caritas Bremen nicht nur mit ihren vielen ehren- und hauptamtlich Tätigen in der ganz praktischen Hilfe für sie da ist. Die Caritas Bremen erhebt auch ihre Stimme engagiert in politischen und gesellschaftlichen Gremien für die Menschen in Not, wie beispielsweise als Mitglied in der Armutskonferenz Bremen. Die Caritas ist der Dampf in der Maschine und Pfadfinderin in der sozialen Gesetzgebung."
Bürgermeister Dr. Carsten Sieling nimmt dies gleichermaßen wahr: "Die Caritas trägt wesentlich dazu bei, dass wir unsere Aufgaben erfüllen. Sie setzt Impulse - dadurch kommt es zu einem dynamischen Miteinander. Die Politik bekommt Anstöße für eine wirksame Sozialpolitik.
Caritasdirektor Martin Böckmann beschäftigt sich im Zuge des Jubiläums intensiv mit der Zukunft der Caritas Bremen: "Die Nachfrage nach unseren sozialen Dienstleistungen ist so hoch, dass wir in einigen Bereichen nur mit großer Anstrengung ausreichend Personal zur Verfügung haben. Wir arbeiten deshalb intensiv an Arbeitsbedingungen - nicht nur als Arbeitgeber Caritas, sondern auch sozialpolitisch, z. B. durch ein Mitwirken am bundesweit ersten Branchentarifvertrag Pflege. Bei allem nötigen Aufbruch hüten wir, was unsere Arbeit ausmacht: christliche Werte wie Offenheit, Zuwendung und Respekt."
Zuvor gaben Mitarbeitende von der Basis Einblick in ihren Alltag. Familienpädagogin Ulrike Deitmer berichtete von der Herangehensweise an die Arbeit mit Eltern und Kindern: Mir geht es darum, das gesamte Umfeld des Menschen im Blick zu behalten." Deitmer benannte zudem das Spannungsfeld vieler Eltern, immer für die Kinder da sein zu wollen und sie zugleich selbst ausprobieren zu lassen.
Khaled Raschi zog vor 20 Jahren von Damaskus nach Bremen. Heute betreut er der Muslim Geflüchtete in einer Caritas-Einrichtung: "Es geht nicht nur um Sprache. Ich habe selbst erlebt, wie groß die kulturellen Unterschiede sind. In 25 Jahren in Syrien habe ich z. B. nur eine Hand voll Briefe bekommen. Hier bekommen Bewohner täglich vier oder fünf Briefe, Formulare, Infoschreiben usw."
Die Pflegefachkraft Michael Schulze brach eine Lanze für bessere Bedingungen in der Altenpflege: "Ich frage mich, weshalb man lieber von den Philippinen Fachkräfte nach Deutschland holt als sich hier darum zu kümmern, dass Menschen weiter gern in dem Beruf arbeiten oder eine Ausbildung machen."
Seit acht Jahren ist Konrad Giesa ehrenamtlich für das Projekt Wärme auf Rädern tätig. Dabei verteilen Freiwillige in den Wintermonaten gespendete Suppe an Wohnungslose und Menschen mit wenig Geld: "Vielen sieht man nicht an, dass sie Hilfe benötigen. Nur manchmal, wenn ich Menschen über Jahre immer wieder treffe, kann ich eine Veränderung sehen. Mir macht es Spaß, weil ich selbst bestimmen kann, wie oft ich eingesetzt bin und mit wenig Aufwand viel bewegen kann."
Moderator Guido Schulenberg setzte viele Elemente ein, um den Abend zu beleben. Darunter eine Umfrage, was Kinder über die Caritas Bremen wissen, ein Quiz über den Trevi-Brunnen in Rom, dessen Spenden in Höhe von täglich 3.000 Euro zu einem Großteil in die römische caritative Arbeit fließt, sowie zwei Filme: Die Caritas Bremen von A bis Z sowie ein Portrait über Sila, eine muslimische FSJ-lerin aus dem Caritas-Haus St. Laurentius.
Pastor Hermann Lange hat die Caritas Bremen am 30. September 1917 gegründet. Wie in vielen Regionen Deutschlands galt es in der Zeit des Ersten Weltkriegs, Hilfsangebote der katholischen Kirche zu strukturieren und auszuweiten. Bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts hatten sich die Vinzenz-Konferenz und die Elisabeth-Konferenz für die sogenannte "Armenpflege", "Armenspeisung" und "Sorge um Unterkunft und Wohnung" engagiert.
Heute sind 700 Mitarbeitende und 350 Ehrenamtliche an 30 Standorten beschäftigt. Zu den Hauptaufgaben gehören die ambulante und (teil-)stationäre Altenhilfe, die Kinder- und Jugendhilfe, die Flüchtlingshilfe sowie soziale Beratungsdienste und Projekte. Zudem bringt sich die Caritas Bremen als Mitglied der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege in Bremen in die sozialpolitische Arbeit ein und vertritt anwaltschaftlich die Interessen ihrer Kunden und Klienten. Herkunft, sozialer Status und Konfession spielen keine Rolle - egal, ob man Hilfe sucht oder sich als Mitarbeitender bewirbt.