Übergabe Betriebserlaubnis Borgfelder Warft
Ab April werden am Hamfhofsweg in Borgfeld in vier Wohngruppen 32 junge Männer aufgenommen, die ohne Sorgeberechtigte nach Europa eingereist sind. "Wir geben ihnen hier eine neue Lebensperspektive", sagte Staatsrat Frehe, "und das in einem Stadtteil, in dem sie viele gute Vorbilder für eine gelingende Biographie finden können, und der ein starkes Unterstützungspotenzial bietet. Darüber bin ich richtig froh."
Für die erzieherische Arbeit hat sich ein Verbund aus vier erfahrenen Jugendhilfeträgern zusammengeschlossen: Alten Eichen gGmbH, Caritas-Erziehungshilfe gGmbH, Kriz e. V. und JUS gGmbH. Alle vier Träger arbeiten bereits mit jungen Flüchtlingen. Am Hamfhofsweg sollen rund 30 Fachkräfte die jungen Flüchtlinge an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr betreuen, also auch an Wochenenden und Feiertagen. Die Jugendlichen können bleiben, bis sie volljährig sind. "Ziel der Einrichtung ist der Schutz der jungen Menschen und das Erarbeiten einer angemessenen Lebensperspektive", so Horst Frehe weiter.
Die jungen Flüchtlinge leben überwiegend in Zweibettzimmern, jede Gruppe hat einen separaten Küchen- und Gemeinschafts- sowie Sanitärbereich. Sie wollen sich überwiegend selbst versorgen und werden dabei von Mitarbeitenden unterstützt.
Ein sicherer und verlässlicher Rahmen mit klarer Tagesstruktur und tagesfüllender Beschäftigung bildet die äußere Grundlage für die pädagogische Arbeit: "Sie ist darauf ausgerichtet, dem Tag einen Sinn zu geben. Die jungen Männer sollen kleine Erfolge erleben können und eine echte Zukunftsperspektive entwickeln. Wir wollen ihnen das Signal geben: Ihr seid willkommen, ihr werden gebraucht, ihr habt alle Chancen - nutzt das."
Anders als in der Inobhutnahme-Einrichtung in Horn-Lehe seien die individuelle psychische, gesundheitliche und schulische Situation bereits geklärt. Die Flüchtlinge bringen unterschiedliche kulturelle und religiöse Hintergründe sowie Unterschiede im Entwicklungs- und Bildungsniveau mit. "Nun geht es darum, sie mit intensiver Beziehungsarbeit auf dem Weg zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu unterstützen und damit die Basis für ein Leben in unserer Gesellschaft zu schaffen", sagte der Staatsrat.
Das Spektrum der individuellen Unterstützungsangebote für die Jugendlichen ist breit: Individuelle Förderung bei Entwicklungsdefiziten, Begleitung zu Terminen, Unterstützung bei der Klärung von asyl- und ausländerrechtlichen Fragen, Vermittlung sozialer Kompetenzen, zum Beispiel durch Gruppenangebote, Unterstützung und Begleitung zu Veranstaltungen und Treffpunkten, Einladungen in die Einrichtung, mehrtägige Ferienfahrt, Anbahnen von therapeutischer Hilfe bei Bedarf, Eingreifen und Stabilisieren bei persönlichen Krisen, Förderung in Schule und Ausbildung, Unterstützung bei der Arbeitsaufnahme, gezielte Vorbereitung auf das Leben in einer eigenen Wohnung und Unterstützung bei Anmietung, Umzug und Einleben.
Die Einrichtung soll sich zudem in den Stadtteil öffnen, auch über den bereits aktiven Unterstützerkreis hinaus. So sollen unter anderem Informationsbriefe an unmittelbare Nachbarn verteilt werden, geplant sind Tage der offenen Tür sowie Einladungen zu hausinternen Festen. Beschäftigte und Bewohner werden auch Sitzungen im Stadtteilbeirat besuchen, um über ihren Alltag zu berichten.
Zum Hintergrund:
Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge werden nach dem Jugendlicherecht sowie auf Grundlage der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen dort aufgenommen, wo sie amtlich registriert wurden. Sie genießen gegenüber dem Jugendamt die gleichen Rechte wie Jugendliche mit deutschem Pass. Ihnen wird ein Vormund an die Seite gestellt. Anders als in anderen Bundesländern wird den jugendlichen Flüchtlingen ein Aufenthaltsstatus zugesichert, der garantiert, dass sie auch mit dem Erreichen der Volljährigkeit nicht mit Abschiebung rechnen müssen, solange sie sich in schulischer oder beruflicher Ausbildung befinden. Anschließend können sie in der Regel als voll integriert angesehen werden und in den Genuss eines dauerhaften Aufenthaltsstatus kommen.
Seit 2011 ist die Zahl der jugendlichen Flüchtlingen in Bremen sprunghaft angestiegen, von 50 bis 50 pro Jahr auf zuletzt 495 in 2014. Die meisten Jugendlichen stammen aus Westafrika (Guinea und Gambia) sowie Afghanistan und Algerien. Derzeit leben rund 15 bis 20 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Pflegefamilien, mehr als 500 weitere in Einrichtungen.